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Analyse zum AusscheidenYB hat dieses Aus in Kauf genommen

Ist sowohl im Hin- wie Rückspiel eine Nummer zu gross für YB: Sporting-Stürmer Viktor Gyökeres.

Genau 12 Minuten und 43 Sekunden können sich die kühnsten Optimisten unter den Young Boys Hoffnungen auf die Wende machen. Dann schnappt sich Viktor Gyökeres den Ball, legt sich diesen mit schneller Drehung auf den linken Fuss und drischt ihn ins Tor. YB-Innenverteidiger Fabian Lustenberger ist so freundlich und bleibt auf Abstand. Als wäre er nicht Bewacher, sondern Bewunderer des schwedischen Sporting-Stürmers.

Das frühe 1:0 kündigt in den Playoffs der K.-o.-Runde der Europa League einen ermüdenden Abend für die Berner an. 1:3 haben sie das Hinspiel im Wankdorf verloren. Nun laufen und laufen sie, aber meist dem Gegner nur hinterher. Und sind sie mal im Ballbesitz, zeigen sie altbekannte Mängel. Es fehlt ihnen an Lösungen, am Esprit, auch an der nötigen Überzeugung. Kurz: YB ist im Estádio José Alvalade XXI von Lissabon chancenlos.

Marcus Edwards müsste das 2:0 erzielen, Daniel Bragança und Gyökeres mittels Penalty ebenso. Immer wieder muss Goalie David von Ballmoos retten. Und als YB einmal ein vielversprechender Angriff gelingt, steht Darian Males beim Kopfballtor deutlich im Offside.

Wie im Hinspiel hätte Viktor Gyökeres beim Stand von 1:0 aus elf Metern erhöhen können – David von Ballmoos hatte etwas dagegen.

Das Unerwartetste an diesem Abend ist, dass Sporting nur 1:0 führt. Und als Edwards im eigenen Strafraum ein Handspiel begeht, kann der eingewechselte Stürmer Silvere Ganvoula für YB sogar zum Ausgleich treffen (84. Minute). Es ist so für die Young Boys zumindest ein versöhnliches Ende eines Duells, in dem ihnen die Grenzen aufgezeigt worden sind.

Welcher YB-Auftritt ist schon unvergesslich?

Das Ausscheiden kommt mit Ansage. Natürlich nach diesem Hinspiel daheim, in dem die Young Boys zu viele Fehler begingen. Die Auftritte gegen Sporting reihen sich nahtlos in die Zeit unter Trainer Raphael Wicky ein. Mit dem Walliser erreichen die Berner ihre Ziele – ohne dabei zur Kür anzusetzen. Oder welche Darbietung in den letzten eineinhalb Jahren ist unvergesslich? Das Heimspiel gegen Manchester City im stimmungsvollen Wankdorf mit zwischenzeitlichem Lupfer-Ausgleich von Meschack Elia kommt dieser Beschreibung noch am nächsten. YB unterlag 1:3.

Unter diesen Umständen war die Überraschung gegen den portugiesischen Spitzenclub von Beginn des Hinspiels an schwer vorstellbar. Das lag auch am Gegner, der formidabel aufgelegt ist und über ganz andere Möglichkeiten als YB verfügt. Bei den Bernern stürmt Cedric Itten, bei Sporting Gyökeres. Den Schweden dürfte es im Sommer zu einem europäischen Topclub ziehen. Nur: Wer immer nur auf diese Ungleichheit hinweist, macht es sich zu einfach.

Talente für Stützen

Die YB-Führung hat im Januar wieder gezeigt, wo ihre Prioritäten liegen. In der Verwaltung des Kaders nämlich, im Weiterentwickeln und Verkaufen von Spielern also, im Erwerben von Talenten, die dann vielleicht irgendwann mit Gewinn weitergegeben werden können.

Die langjährigen Stützen Jean-Pierre Nsame und Ulisses Garcia wurden durch Joel Mvuka und Jaouen Hadjam ersetzt. Diese haben ihre Fähigkeiten zwar angedeutet, aber sie sind 21 und 20, gekommen ohne Spielpraxis. Sie können nicht auf Anhieb einen gewichtigen Part übernehmen. Und dies nach einem Sommer, in dem die Young Boys mit den Abgängen von Fabian Rieder, Christian Fassnacht und Cédric Zesiger schon einen beträchtlichen Substanzverlust erlitten hatten. Zumal etliche Zugänge enttäuschen.

Die auf Transfergewinne ausgerichtete Strategie ist legitim, sie ist Teil der Berner Erfolgsgeschichte. Die Young Boys sammeln nicht nur Pokale, sondern sind mittlerweile auch finanziell kerngesund. Gemäss dem Forschungsinstitut Cies Football Observatory weist die YB-Transferbilanz in den letzten fünf Saisons ein Plus von 66 Millionen Euro aus. Dazu kommen seit 2018 drei Champions-League-Teilnahmen, die rund 100 Millionen Euro einbrachten. Der YB-Schatzmeister darf sich wie Dagobert Duck fühlen.

Europäischer Erfolg kostet

National thronen die Young Boys unangefochten an der Spitze. Im Europacup spielen sie dagegen meist die Rolle des kleinen, manchmal nervigen, aber insgesamt niedlichen Bruders. Als Basel in den Zehnerjahren wiederholt europäisch glänzte und 2013 in der Europa League gar den Halbfinal erreichte, bildeten Sommer, Schär, Stocker und Streller das Gerüst. Das kostete Geld, viel Geld sogar. Im heutigen YB-Kader verdient dagegen keiner eine Million Franken pro Jahr.

Glückwünsche vom Trainer für einen starken Auftritt: Winkt Aurèle Amenda womöglich eine ähnliche Karriere wie Uruguay-Star Sebastián Coates (hinten)?

Einmal nur haben die Young Boys in der Neuzeit nach europäischem Überwintern eine weitere Hürde genommen. Das war vor drei Jahren, als sie Bayer Leverkusen 4:3 und 2:0 bezwangen und in den Achtelfinal der Europa League einzogen. Mitten im Corona-Winter, in dem die Stadien für die allermeisten Zuschauer unzugänglich waren, die Vereine Existenzängste plagten und auf dem Transfermarkt kein Betrieb aufgekommen war. YB hielt das Team in jenem Winter zusammen, hatte eine eingespielte Mannschaft. Die Not war Teil des Glücks.

Dazu hatte YB mit Gerardo Seoane einen Trainer, der zuvor den Vertrag verlängert hatte und das uneingeschränkte Vertrauen der Clubführung genoss. Und der bald in die Bundesliga zog – zu Leverkusen selbstverständlich. Bei Wicky hat die YB-Führung dagegen schon so lange mit der Vertragsverlängerung zugewartet, dass eine Zusammenarbeit über den Sommer hinaus unwahrscheinlich ist. Trotz der Erfolge.

Das sind keine Voraussetzungen für eine Überraschung. Dieses Aus gegen Sporting kommt mit Ansage. Die YB-Führung hat es in Kauf genommen.