Wieder jubelt der FC Thun spätDie Könige der Last-Minute-Treffer
Zuzug Nando Toggenburger sichert den Berner Oberländern im Heimspiel gegen den FC Schaffhausen den 1:0-Sieg – auf sehr ungewöhnliche Weise.
Es ist der meistgehörte Satz am Samstagabend in der Stockhorn-Arena. «In der letzten Saison hätten sie unmöglich noch gewonnen!», heisst es rund ums Stadion nach der Partie immer wieder. In den Katakomben steht Mauro Lustrinelli, der Trainer der Thuner Fussballer. Er schmunzelt, als er mit der These konfrontiert wird, und sagt: «Das mag sein. Wir sind reifer geworden.»
Es ist aus Sicht der Berner Oberländer der offensichtlichste und vor allen Dingen wesentlichste Unterschied gegenüber der letzten Spielzeit: dass sie derlei Begegnungen für sich entscheiden. Und nicht vielleicht sogar noch einen Weg finden, sie zu verlieren.
Bezeichnend – für Thun und für den Widersacher
Die Leistung war in der vergangenen Meisterschaft oft besser als das Resultat. Zumindest gegen den FC Schaffhausen ist das völlig anders. Die Gastgeber setzen sich in einem Duell durch, das gewöhnlich 0:0 endet – so, wie es verlaufen ist.
Keinen guten Tag erwischen die Thuner vor rund 4000 Zuschauern, sie üben nicht diese Dominanz aus, die man im Aufeinandertreffen mit dem Schlusslicht erwarten könnte. Dass sie dennoch gewinnen, ist bezeichnend – auch aus Sicht des Gegners, dem heuer so gar nichts gelingen will. 10 Punkte erst haben die Nordostschweizer geholt. Für den ordentlichen Auftritt am Samstagabend vermögen sie sich nicht zu belohnen.
Lustrinellis Team kann nicht verbergen, dass es zuletzt in Aarau einen heftigen Rückschlag erlitten hat. 2:5 verloren die Oberländer da – und offensichtlich auch gleich eine ganze Menge des Selbstvertrauens, das sie sich in den Wochen davor aufgebaut hatten. Gegen Schaffhausen spielen die Thuner nicht wie ein potenzieller Aufsteiger. «Etwas uninspiriert» sei die Darbietung lange gewesen, erzählt der Coach.
Früh hat dieser einen kniffligen Entscheid zu treffen. In der 14. Minute muss Leonardo Bertone ausgewechselt werden. Ein 1:1-Ersatz steht nicht bereit – Valmir Matoshi und Miguel Castroman sind gleichfalls verletzt. Offensivspieler Helios Sessolo, zumeist als Stürmer oder zumindest auf der 10 eingesetzt, kommt rein; das System aber wird nicht umgestellt. Sessolo wirkt auf der halblinken Position im Mittelfeld etwas verloren, sein Einfluss auf das Geschehen ist überschaubar.
Die Joker stechen – immer und immer wieder
Wäre das Spiel 0:0 ausgegangen, hätte sich Lustrinelli vorwerfen lassen müssen, zu stur am 4-4-2 festgehalten zu haben. Nun aber ist er vielmehr der Trainer, der abermals ein glückliches Händchen beweist. Unter anderem Ihsan Sacko, Marc Gutbub und Nando Toggenburger wechselt er im Verlauf der zweiten Hälfte ein. Und sie sorgen für das Tor. Sacko lanciert Gutbub, dieser spielt zur Mitte, wo Schaffhausen-Abwehrkraft Jean-Pierre Rhyner versucht, den Ball zu klären, dabei aber Toggenburger trifft.
Es ist ein kurioser Treffer – ja: einer, der so in der letzten Saison eher nicht gefallen wäre.
Wie im letzten Heimspiel entscheiden die Thuner eine Partie spät zu ihren Gunsten. In der Challenge League sind sie längst die Könige der Last-Minute-Tore. In Sion etwa machten sie aus einem 0:2 ein 3:2. In die Saison gestartet waren sie mit einem 1:1 zu Hause gegen Stade Nyonnais – sie glichen kurz vor Schluss aus. Coach Lustrinelli lobt die Breite in seiner Mannschaft und deren Spirit, deren Charakter.
Weil Sion gegen Vaduz am Freitagabend nur einen Punkt geholt hat, verringern die Oberländer den Rückstand auf den Leader; einen Zähler beträgt dieser. Damit lässt es sich aus ihrer Sicht ganz gut in die Länderspielpause gehen. Ihnen stehen keine ungemütlichen Tage bevor. Im Gegensatz zu ihrem jüngsten Gegner.
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