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Tipps für die SkitourWarum das Handy in den Flugmodus gehört – so sind Sie abseits der Piste sicher

Während der Tour sollte das Handy im Flugmodus sein, denn wird man verschüttet, könnte es das Signal der Suchgeräte stören.

Das Rettungsgerät piept, piept – und piept. Es geht um Minuten. Leben oder sterben. Dann endlich haben wir die Stelle gefunden, an der ein Tourengeher von einer Lawine verschüttet wurde. «Gut gemacht», sagt Bergführer Marc Derivaz. Es ist zum Glück nur eine Übung. Unter dem Schnee in Saas-Fee liegt kein Mensch, sondern ein Signalgerät, das der Rettungsprofi vergraben hat.

Wir sind in der heissen Phase des Lawinenkurses. Vormittags war Theorie. Alt-, Nass-, Triebschnee. Lawinenwarnstufen, Hangneigung, Risikominimierung. Am Nachmittag üben wir das, was uns hoffentlich nie passieren wird: Eine Lawine hat zwei Kameraden verschüttet. Mithilfe des Lawinenverschüttetensuchgeräts (LVS) sollen wir sie lokalisieren und ausgraben. Und immer wieder fragen wir uns: Wie handlungsfähig wären wir in so einer Situation wirklich? Unter Schock, voll mit Adrenalin.

Hier bei der Übung scheint alles einfach. Allalinhorn und Dom grüssen wohlgesonnen vom blauen Himmel, Skifahrer winken uns von der nahen Piste zu. Wir können Pausen machen, wenn wir ins Schwitzen kommen ob der Schaufelei. Zwischendurch graben wir Schneeprofile, um die Schichten zu bestimmen, die ein Winter im Saastal hervorbringt.

Bergführer Marc Derivaz instruiert die Teilnehmer des Lawinenkurses.

Wir fahren auf der Piste zum nächsten Ort, dort bestimmen wir mithilfe der Skistöcke die Hangneigungen. Dazu muss man ein bisschen Geometrie aus der Schulzeit auffrischen. Sonst geht es viel um Physik. «90 Prozent der Verschütteten haben die Lawine selbst ausgelöst. Ihr Gewicht hat ausgereicht, um den Hang ins Rutschen zu bringen.» Aus Sicht der Rettenden kommt es im Ernstfall aber vor allem auf die eigene Physis und Psyche an.

Der Lawinenkurs dauert rund fünf Stunden. Derivaz sagt: «Wir könnten eine ganze Woche daraus machen. Das Thema ist eine Wissenschaft für sich.» Er gibt uns – neben Lawinenrucksack samt LVS – die wichtigsten Sicherheitstipps für Tourengeherinnen und Freerider mit auf den Weg:

  • Lawinenbulletin des Instituts für Schnee- und Lawinenforschung vor der Tour intensiv studieren. Derivaz: «Das muss man lernen. Am besten in einem Lawinenkurs.»

  • Wind und grosse Temperaturänderungen erhöhen das Risiko stark.

  • Ab 50 Zentimetern Neuschnee in jedem Fall zu Hause (oder auf der gesicherten Piste) bleiben.

  • Rinnen und Mulden meiden, auch wenn dort der Schnee liegt, der am meisten Spass macht.

  • Immer einzeln abfahren, um nicht zu viel Druck auf den Hang auszuüben.

  • Hänge mit mehr als 30 Prozent Neigung sind nichts für Unerfahrene.

  • Mit der App «White Risk» lässt sich die Hangneigung bestimmen. Sie hilft auch bei der Einschätzung des Risikos (vor der Tour). Hilfreich für die Tourenplanung ist die Plattform Skitourenguru.ch.

  • Handy während der Tour am besten im Flugmodus. Andernfalls kann es das Signal des LVS stören, wenn man verschüttet wird.

  • Die besten Überlebenschancen haben Verschüttete, wenn sie innerhalb der ersten 15 Minuten gefunden werden.

Nun wechseln wir in Saas-Fee auf die Piste. Das Skigebiet, das sich von 1800 bis auf mehr als 3573 Meter Höhe erstreckt, ist eindrücklich. Viertausender, Eistürme, Gletscherspalten. «Auf der Piste ist man sicher, da machen wir unseren Job», sagt Rettungschef Albert «Bärti» Hegner.

Schnee und Eis in (fast) allen Formen finden sich im Walliser Skigebiet von Saas-Fee.

Für ihn beginnt die Arbeit oftmals schon um drei Uhr morgens. Er studiert den Schneefall der Nacht, kämpft sich durch Lawinen-, Schnee- und Wetterprognosen. Bei kritischer Lage steigt er zum Sonnenaufgang in einen Helikopter und wirft Sprengladungen auf die gefährdeten Hänge. Wenn das Wetter einen Flug nicht zulässt, schnappt er sich seine Tourenski und packt Sprengladungen in den Rucksack. Zusätzlich verfügt Saas-Fee über Sprengmasten und Röhren, selbst der Abwurf aus Personenseilbahnen ist möglich. Natürlich vor der offiziellen Öffnung des Skigebiets.

Saas-Fee liegt in einem V-Tal, ringsherum hohe Berge und steile Felsen. In Sachen Lawinensicherheit zählt es zu den anspruchsvollsten Skigebieten im ganzen Alpenraum. «An manchen Tagen brauchen wir 600 Kilo Sprengladungen – mehr als andere Skigebiete in der ganzen Saison.»

Hegner hat viel erlebt. Einmal hätte ihn fast eine Lawine mitgerissen. Sein Arbeitskollege musste ihm oben am Berg einen Schlauch in die Lunge stecken, damit er wieder atmen konnte. Als Rettungschef ist er auch in der Pflicht, wenn Unfälle auf der Piste oder am Gletscher passieren.

Rettungschef Albert «Bärti» Hegner war unter anderem auch schon Schreiner, Dachdecker und Schwinger.

Die Geschichten von toten Kindern oder abgestürzten Bergsteigern, die nur noch von ihrer Kleidung zusammengehalten werden, sind grausam. «Das ist oft brutal. Aber man muss lernen, das zu verarbeiten.» Trotz allem betont Hegner: «Ich habe den schönsten Job der Welt.» Es geht ihm um Freiheitsgefühl, darum, die Natur grenzenlos und in all ihrer Schönheit zu erleben. Sein Handy ist voll mit Bildern von Sonnenaufgängen, die wie am Computer modelliert erscheinen.

Zu seinem Job ist der 56-Jährige zufällig gekommen. Er war Landwirt, Schreiner, Dachdecker, Forstarbeiter, Schwinger. In einer Bäckerei in Ybrig fragte ihn eines Tages jemand, ob er nicht Lust hätte, als Pistenkontrolleur zu arbeiten. Bereits im zweiten Winter war er Rettungschef im Skigebiet Hoch-Ybrig. Seit elf Jahren ist Hegner, der aus dem Kanton St. Gallen stammt, nun in Saas-Fee.

Zu seinen Lieblingsorten gehört das Drehrestaurant auf knapp 3500 Metern Höhe – das weltweit höchste seiner Art. Für die 360-Grad-Runde braucht es eine Stunde. Man kann bis nach Mailand blicken, wenn nicht gerade der Dunst über den Tälern hängt. Auch das Skigebiet hat Rettungschef Hegner hier im Blick. Gerade sieht man, wie jemand am Gletscher aus dem Bügellift purzelt. «Die Leute sind verwöhnt, kennen nur noch Sessel.» Der Liftunfall ist Anlass, eine finale Liste mit den wichtigsten Sicherheitsregeln für Skifahrer aufzustellen:

  • Am Gletscher nie die Piste verlassen. Spalten können überall sein.

  • Das gilt auch im Lift: Wer aus dem Bügel fällt, sollte die Trasse niemals Richtung Gletscher verlassen. Neben der Liftspur ist immer eine Notspur, um abzurutschen.

  • Wenn sich zwei Abfahrten kreuzen oder zusammenkommen, gilt rechts vor links.

  • Langsam-Tafeln unbedingt beachten. Hegner: «Wir stellen die ja nicht zum Spass auf.» Er weiss aber aus Umfragen, die Saas-Fee durchgeführt hat: «90 Prozent der Skifahrerinnen und Skifahrer registrieren die Schilder gar nicht.»

  • Der Windchill-Effekt kann in grossen Höhen zu Erfrierungen führen. «Das merkt man dann gar nicht.» Deswegen ab 3000 Metern immer alle Hautpartien bedecken. Beispiel: Minus 15 Grad fühlen sich bei 30 km/h Wind wie minus 34 Grad an.

  • «Die Unfallgefahr ist auf leeren Pisten höher, die Verletzungen sind schlimmer», sagt Hegner. Der Skifahrer wird dazu verleitet, zu viel Gas zu geben, und dann kann ein kleiner Fehler bereits zum Unglück führen.

  • Wenn Unbeteiligte zu einem Pistenunfall kommen, gilt dasselbe wie im Strassenverkehr: erst Eigensicherung, dann Stelle absichern – am besten mit einem X aus gekreuzten Ski, die man in den Schnee steckt. Dann die Verletzten umsorgen und Hilfe per Telefon holen. In vielen Regionen steht die SOS-Nummer auf dem Skibillett.

  • In Skigebieten, die über die 3000-Meter-Marke hinausreichen, sollte man gemächlich einsteigen, weil sich der Körper nur langsam an die Höhe gewöhnt. Im Idealfall reist man einen Tag vorher an, übernachtet vor Ort und geht erst am Vormittag auf die Piste.

Die Reise wurde unterstützt von der Saastal Tourismus AG.