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Solarexpress im Berner Oberland«Perle unter Alpentälern» soll nicht verbaut werden

Am Gemsberg in Grindelwald will die BKW eine alpine Fotovoltaikanlage bauen.

Im Reichenbachtal bei Meiringen plant die Energieversorgerin BKW im Zuge des Solarexpresses drei alpine Fotovoltaikanlagen. Nun regt sich Widerstand aus offiziellen Kreisen. Die SAC-Sektion Oberhasli, der örtliche Bergführerverein, Haslital Tourismus und die Jungfrau Tourismus AG wenden sich in einem offenen Brief an die BKW und bitten den Energiekonzern, auf die Weiterverfolgung der drei Solarprojekte zu verzichten. 

Drei Solarprojekte? Konkret geht es um die Solaranlage Gemsberg auf Grindelwalder Boden und um die zwei Solaranlagen Tschingel Ost und West, die auf Schattenhalber Boden geplant sind. Letzteren hatte die Gemeindeversammlung Schattenhalb im Dezember zugestimmt. Ein Verdikt der Grindelwalder Bevölkerung zum Gemsberg steht derweil noch aus.

Bis heute praktisch unverbaut

Das Anliegen der vier Organisationen ist klar: Sie möchten das Reichenbachtal, «diese Perle unter den Berner Oberländer Alpentälern», ungeschmälert erhalten, wie sie im Brief schreiben, der dieser Zeitung vorliegt. 

Im Tal werde seit mehr als 1000 Jahren Alpwirtschaft betrieben; vor bald 300 Jahren hätten die ersten Reisenden die wildromantischen Landschaften besucht. Dennoch sei das Tal bis heute weitgehend «von den Segnungen der modernen Zeit» verschont und praktisch unverbaut geblieben.

Das östliche Oberland habe das Reichenbachtal «in einer der ersten Landschaftsplanungen» 1984 sogar explizit für den sanften, nicht mechanisierten Tourismus ausgeschieden.

Auf einer Fläche von knapp 12 Hektaren will die BKW auf der Alp Grindel unterhalb des Tschingels auf Gemeindeboden von Schattenhalb eine alpine Solaranlage bauen.

Die Menschen, die den offenen Brief unterschrieben haben, würden ihr Brot «mit dieser wunderbaren Natur- und Kultur-Landschaft» verdienen und sie für ihre Naherholung nutzen. Dabei gälten nicht zuletzt wegen des Jagdbannbezirks bereits heute Einschränkungen, das Tourenskifahren sei beispielsweise nur noch auf wenigen festgelegten Routen möglich. «Werden die Anlagen gebaut, fallen drei der beliebtesten Skitouren weg», sagt Niklaus Meerstetter, Co-Präsident der SAC-Sektion Oberhasli.

Gleich drei grosse Anlagen

Dass ausgerechnet in einem derart unberührten Tal gleich drei Grossanlagen geplant sind, empfindet Meerstetter als besonders stossend. «Mit der geplanten Anlage auf Käserstatt hätten wir uns eher abfinden können», sagt er. Denn im Gegensatz zum Reichenbachtal seien in Hasliberg ohnehin schon grössere technische Anlagen wie Skilifte vorhanden. Dem Solaranlagen-Projekt Käserstatt erteilte die örtliche Gemeindeversammlung Ende Januar allerdings eine Abfuhr.

Das Beispiel Käserstatt greift auch Alex Rufibach, Präsident von Haslital Tourismus, auf. Bei jenem Projekt habe sich seine Organisation aus der Diskussion rausgehalten. «Es geht uns nicht um Sinn oder Unsinn von Solaranlagen», sagt er denn auch zum offenen Brief. Bei den Anlagen im Reichenbachtal gehe es vielmehr um Landschaftsschutz «und Entwicklung in einem Gebiet, bei dem man sich jahrzehntelang einig war, dass es eben nicht entwickelt wird».

Zurück zum SAC: Für wie realistisch hält der Sektionspräsident, dass die BKW nach der Intervention der Organisationen von den Projekten absieht? «Die Hoffnung stirbt zuletzt», sagt er. «Möglicherweise spielen uns die technischen Probleme, die bei der Projektierung auftauchen, in die Hände.» Als Indiz in diese Richtung wertet Meerstetter, dass die BKW bislang kein Baugesuch eingereicht habe. Ursprünglich habe das Unternehmen die Publikation für Dezember in Aussicht gestellt.

Anlagen «nicht ‹so gross wie möglich›»

Die Medienstelle der BKW verweist in einer Stellungnahme darauf, dass sie die alpinen Solaranlagen «nicht ‹so gross wie möglich›» plane, sondern «optimal auf die Stromerzeugung, die Netzkapazität und die Klima- und Umweltschutzinteressen ausgerichtet». Sie setze auf den Dialog mit allen Beteiligten.

Aufgrund verschiedener Rückmeldungen, unter anderem von Umweltschutzorganisationen, habe das Unternehmen die Projekte in Schattenhalb bereits verkleinert, andere der ursprünglich 16 Projekte seien ganz fallen gelassen worden.

Man nehme die Bedenken ernst, entscheide bei den Projekten jedoch nicht aufgrund von Einzelinteressen. «Vielmehr soll es in einem demokratischen Prozess an Gemeindeabstimmungen zu Mehrheitsentscheiden kommen», schreibt die Firma. Bei Infoveranstaltungen im Vorfeld könnten Bedenken geäussert und diskutiert werden.

Unter anderem aufgrund solcher Bedenken sei zum Beispiel das Projekt Tschingel in Ost und West getrennt worden. «Das Projekt Tschingel Ost erhielt in der Gemeindeabstimmung eine Zustimmung von 70 Prozent», so die BKW. «Beim Projekt Tschingel West prüfen wir derzeit eine verträglichere Variante.»

Das Unternehmen hält grundsätzlich fast, dass die Energiewende ein nationales Interesse sei. «Wir benötigen Winterstrom, diesen erreichen wir neben der Wasserkraft insbesondere durch alpine Solaranlagen.»

Kritik auch am Kanton

Der Brief der vier Organisationen richtet sich aber nicht nur an die BKW, sondern auch an die kantonale Wirtschafts-, Energie- und Umweltdirektion (WEU). «Es ist noch keine zehn Jahre her, dass der Kanton Bern im Namen des Wildschutzes traditionelle Skitouren verboten und die Weiterentwicklung der Wanderwege mit neuen Auflagen belegt hat», führen die Organisationen ins Feld.

«Nun unterstützt der gleiche Kanton (...), dass das Wild mit jahrelangen Grossbaustellen und nicht gerade anmutenden Solaranlagen gestört und vertrieben wird.» Diese widersprüchliche Politik mache die kantonalen Behörden unglaubwürdig und verhindere Planungssicherheit für langfristiges und nachhaltiges touristisches Wirtschaften.

Kanton will rasche Solaroffensive

Die Wirtschafts-, Energie und Umweltdirektion geht auf Anfrage nicht auf den konkreten Inhalt des Briefes ein, hält aber fest, dass der Kanton Bern die Solaroffensive rasch umsetzen wolle. «Deshalb ist er daran interessiert, dass nur Projekte in die Baubewilligungsphase gehen, die eine gute Chance haben, rasch bewilligt zu werden.» Dazu gehören demnach auch die Projekte im Reichenbachtal.

Im Vorfeld habe die Direktion unter anderem geklärt, ob die Standorte in Bezug auf Naturgefahren und Schutzgebiete unproblematisch und ob die Anbindung ans Stromnetz möglich seien. Dazu hätten auch runde Tische stattgefunden, «an denen Projektträgerschaften mit Fachleuten zusammenkamen», schreibt die WEU-Medienstelle weiter. «Diese Arbeiten sind abgeschlossen.»

Die Direktion verweist darauf, dass letztlich die Regierungsstatthalterinnen und -statthalter über die Baubewilligung entscheiden werden. Das habe der Regierungsrat entschieden, «um die vom Bundesrecht verlangte rasche Umsetzung zu ermöglichen».

Die Frage, ob der offene Brief etwas bewirken wird, lassen sowohl BKW als auch der Kanton offen. «Wir haben den Brief gestern Donnerstag erhalten und zur Kenntnis genommen», schreibt die BKW.

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