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Gründer des ersten SkimuseumsSelbst Didier Cuche brachte ihm seine Siegerski vorbei

Laurent Donzé sammelt sein ganzes Leben lang Ski. 700 Paare stellt er nun in seinem Musée du Ski in Le Boéchet JU aus, darunter auch solche der Schweizer Ski-Helden Marco Odermatt und Didier Cuche.

«Magnifique!», «très beau!»: Hell begeistert verlassen die Fünftklässlerinnen und Fünftklässler aus Corcelles NE das Musée du Ski, das erste Skimuseum der Schweiz. Dabei bekennt die Hälfte der Klasse, eigentlich gar nicht Ski zu fahren. Für Laurent Donzé, den Patron des Museums, sind die Kommentare Gold wert. «Sie zeigen, dass die Ausstellung auch mit jungem Publikum funktioniert!», freut er sich. «Das war die allererste Schulklasse hier.»

Donzé hat das Musée Ende September eröffnet. Sein Umfeld drängte ihn dazu. Der Verband Swiss-Ski und eine eigens gegründete Stiftung unterstützten ihn dabei. Denn seit Jahrzehnten sucht, sammelt, hortet und pflegt Donzé Alpin- und Langlaufski, Snowboards, Stöcke, Skischuhe, Helme, Bindungen, Metallkanten, Torstangen, Startnummern, Skiwachspackungen, Werbeslogans und Fachbücher. Das alles und einiges mehr steht heute quasi bei ihm zu Hause: im ehemaligen Bahnhofsbuffet in Le Boéchet in den jurassischen Freibergen.

Kurz vor Eröffnung kam Ex-Skirennfahrer Didier Cuche auf Besuch und überbrachte Donzé jenes Paar Ski, auf denen er 2010 die Abfahrt von Kitzbühel gewonnen hatte. Auch von Cracks wie Marco Odermatt, Corinne Suter, Ramon Zenhäusern und Freeskierin Mathilde Gremaud ist von Anzügen über Schuhen bis Ski in Le Boéchet so einiges ausgestellt.

Ski, Siegerpokale, Bindungen, Startnummern: Im ersten Skimuseum der Schweiz hat Laurent Donzé alles ausgestellt, was mit dem Skisport zu tun hat.

Aufgewachsen ist der bald 70-jährige Laurent Donzé wenige Kilometer von seinem Museum entfernt, auf einem Bauernhof in der Gemeinde Les Bois JU. Dort begann seine Passion für den Skisport. Denn als Kind musste er jeden Morgen mit den Ski zur Schule fahren, weil das elterliche Gut weit davon entfernt lag und die Eltern kein Auto besassen. Der Weg war hügelig. Er sei geskatet wie ein Langläufer, aber eben mit Alpin-Ski unter den Füssen, erinnert er sich. So sei er rasch vorangekommen und wurde im Umgang mit den Brettern immer geschickter. Bald war er Mitglied in einem Skiclub, bald fuhr er Rennen.

Ski richtiggehend filetiert

Doch dann musste Laurent Donzé aufs Gymnasium in Pruntrut. Das war gut für seine Schulbildung, aber schlecht fürs Skifahren. Denn in Pruntrut in der schweizerisch-französischen Grenzregion Ajoie hat der Skisport keine Tradition. Donzé hatte ohnehin längst damit begonnen, sich mit Dingen auseinanderzusetzen, die übers blosse Skifahren oder Langlaufen hinausgingen. «Ich interessierte mich für das Material und sägte auch mal Ski auseinander, um zu schauen, wie sie zusammengebaut sind», erinnert er sich. «So entdeckte ich, dass die Skibauer zuerst viele verschiedene Hölzer verleimten und in einem nächsten Entwicklungsschritt dazu übergingen, Luftkammern in Kunststoffschalen einzubauen.»

Ebenso faszinierte den Jurassier die Verwendung von Wachs, der einen Ski extrem schnell oder eben extrem träge machen kann. Um hinter genau diese Geheimnisse zu kommen, entschied er sich, an der Universität Neuenburg Chemie zu studieren, und stibitzte aus dem Labor auch mal ein paar Gramm Graphit, um übers Wochenende an einer neuen Wachsmixtur zu pröbeln.

In seinem Beruf vereinte Laurent Donzé alles. Er wurde Chemielehrer und Langlauftrainer in einem regionalen Nachwuchszentrum von Swiss-Ski. Parallel dazu sammelte er alles, was es in der Ski- und Langlaufwelt irgendwie zu erstehen gab.

Sein eigenes Leben ausgestellt

Wenn der Jurassier also heute durch sein zweistöckiges Museum führt, dann führt er durch sein Leben. Bis zu den zersägten Ski und allen wesentlichen chemischen Elementen für den Wachsaufbau ist alles zu sehen. Aber vor allem erfassen die Besucher wie nirgendwo in der Schweiz, wie sich die Skiproduktion über die letzten mehr als 150 Jahre technologisch entwickelt hat: vom Einzel- zum Massenprodukt, von Militärmaterial zum Hightech im Spitzensport, von Holz zu Kunststoff, von der gemein­gefährlichen «Schraubstock­bindung» zur hochflexiblen, gewichtsabhängigen Sicherheits­bindung.

Hier im ehemaligen Bahnhofsbuffet in Le Boéchet JU steht das erste Skimuseum der Schweiz.

Während Laurent Donzé drinnen sein ganzes Wintersportwissen ausbreitet, leuchten draussen die Kuhweiden in sattem Grün. Die Temperaturen erinnern an jene an ersten Frühlingstagen. «Letzte Woche lagen hier noch 40 Zentimeter Schnee», sagt Donzé. «Ich drehte auf Langlaufski meine Runden.» Aber klar, auch hier in Le Boéchet, wo er früher im Winter zur Schule skatete, spüre man den Klimawandel. Man müsse, so Donzé, nicht gegen, sondern mit der Natur arbeiten.

Trotzdem die Frage: Wird sein Museum also dereinst ein Ort sein, wo man die Vergangenheit ohne Verbindung zur Gegenwart bestaunen kann? Donzé schüttelt den Kopf. Trotz Erderwärmung sieht er den Skisport nicht am Ende. Auch das Spitzensportmaterial werde sich weiterentwickeln und im Breitensport ankommen.

Darin sei er sich sicher, sagt Laurent Donzé: «Mein Skimuseum ist kein Ort der Vergangenheitsbewältigung.»