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Revoluzzer aus HinwilGiftgrün und fast verboten: Sauber will um jeden Preis auffallen

Ginge auch als Leuchtstift durch: Der neue Sauber C44.

Der Name: 50 Millionen für einen Zungenbrecher

Eigentlich rechneten alle damit, dass der Hinwiler Rennstall für zwei Jahre wieder unter dem Namen Sauber antreten würde. Jetzt, wo Titelsponsor Alfa Romeo nach sechs Jahren aufgehört hat und der neue Besitzer Audi erst per 2026 übernimmt. Tatsächlich steht der Name Sauber auf der offiziellen Nennliste des Weltverbands FIA – im schwerfälligen Konstrukt Stake F1 Team Kick Sauber.

Selber würde sich der Rennstall am liebsten eigentlich nur Stake F1 Team nennen. Stake ist ein Onlinecasino, das mit Kryptowährungen funktioniert – und in der Schweiz nicht werben darf, weil es keine Glücksspiellizenz hat. Letzte Saison war die Firma noch Co-Titelsponsor neben Alfa Romeo, dagegen hatte die Eidgenössische Spielbankenkommission keine Einwände.

Die Tatsache, dass der Rennstall seinem Partner nun einen exklusiven Auftritt im Teamnamen gewähren wollte, rief die Behörde erneut auf den Plan. Unterdessen ist das Team zurückgekrebst. Auf der Teambekleidung steht nicht mehr nur die Kurzversion, sondern der komplette Name. Auch auf der Website ist nur von Stake F1 Team Kick Sauber die Rede. «Kick» heisst eine mit Stake verwandte Streamingplattform, die an Rennwochenenden überall dort prominent auftritt, wo Glücksspielwerbung verboten ist.

Im Bahrain erlaubt, auf anderen Strecken verboten: Stake, der Hauptsponsor des Schweizer Rennstalls.

Man sei immer «völlig konform» gewesen und habe sich nie Sorgen über eine Busse machen müssen, schreibt die Medienstelle des Teams.

Die Deals mit Stake und Kick sollen übrigens für die nächsten beiden Jahre zusammen rund 50 Millionen Dollar wert sein.

Das Auto: Red Bull diente als Vorbild

Streng genommen hätte sich Sauber auch von einem Leuchtstifthersteller sponsern lassen können. Denn das neue Auto ist giftgrün-schwarz lackiert. Im Gegensatz zu all seinen in Hinwil gebauten Vorgängern sieht der C44 aus, als wolle er um jeden Preis auffallen.

Für Aufsehen sorgte das Auto in der Fachwelt, weil es in technischer Hinsicht nicht mehr viel mit seinem ziemlich erfolglosen Vorgänger gemein hat. Die PR-Abteilungen der Teams bezeichnen derart grosse Konzeptänderungen gern als «Revolution». Revolutionär ist am Auto aber wenig – die Ingenieure dürften nicht abstreiten, dass Branchenprimus Red Bull für viele Designlösungen als Inspiration diente.

Ein gutes Zeichen ist: Die Testfahrten bestätigten, was das Team aufgrund der Simulationen erwartet hatte. Das war auch schon anders. Und: Neue Teile sollen in höherer Kadenz ans Auto kommen als bisher. Der neue Technikchef James Key spricht von einem aggressiven Entwicklungsplan – zum Erscheinungsbild des Autos passt das alleweil.

Aber wird der C44 nicht nur farblich, sondern auch mit Leistung auffallen? Die Tests zeigten: Grosse Sprünge sind nicht zu erwarten. Sauber zählt – zumindest zu Beginn der Saison – neben Haas, Williams und Alpine zum hinteren Teil des Felds. Immerhin dürfte eine Steigerung drinliegen, was aber auch nicht schwierig ist: 2023 landete Sauber auf dem neunten und zweitletzten WM-Rang.

Die Fahrer: Der Gin-Freund fährt um einen neuen Vertrag

Zum dritten Mal geht Sauber mit dem Fahrerduo Valtteri Bottas und Zhou Guanyu in eine Saison. Zhou kam vor zwei Jahren mit einigen chinesischen Sponsoren im Schlepptau und als fünffacher Formel-2-Rennsieger, Bottas in der Hoffnung, sich vom Ruf der ewigen Nummer 2 hinter Lewis Hamilton zu verabschieden und endlich sein eigenes Ding zu machen.

Nun tut er Sachen, die er bei Mercedes nicht durfte. Unterdessen ist der 34-jährige Finne nicht mehr nur Formel-1-Fahrer, sondern auch Radrennfahrer, der Gin und Wein produziert, sich selber nicht zu ernst nimmt und schon mal mit nacktem Hinterteil für einen Kalender posiert.

Fällt auf und macht gern, was er will: der 34-jährige Finne Valtteri Bottas.

Man könnte fast vergessen, dass Bottas zehnfacher GP-Sieger ist. In der Formel 1 hat er aber noch grosse Pläne. Er hofft, auch in der Audi-Ära noch dabei zu sein. Sein Dreijahresvertrag läuft Ende 2024 aber aus – und unterdessen hat sein Ex-Teamkollege Lewis Hamilton mit dem Wechsel zu Ferrari das Transferkarussell für die Saison 2025 in Schwung gebracht. Als Kandidat in Hinwil gilt der von Hamilton verdrängte Carlos Sainz. Dessen Vater, Rallye-Legende Carlos Sainz senior, pflegt gute Kontakte zu Audi.

Um einen neuen Vertrag fährt auch Zhou, der gegen Bottas zuletzt zwar nicht chancenlos war, aber auch nicht wirklich auffiel. Der Chinese gilt als akribischer und selbstkritischer Arbeiter – und sagt, er wolle in seiner dritten Saison aggressiver auftreten. Das muss er auch, wenn er sportliche Argumente für eine Zukunft in Hinwil liefern will.

Die Zukunft: Wachsen für Audi

Es wird langsam eng an der Hinwiler Wildbachstrasse, und im Sauber-Werk wurde schon das eine oder andere Sitzungszimmer in ein Büro umfunktioniert. Bis in zwei Jahren will man die Grösse eines Topteams erreicht haben. Vor einem Jahr waren es noch etwas über 500 Mitarbeiter, nun sollen es bereits gegen 600 sein. Doch um wirklich so gross zu werden wie ein Topteam, fehlen noch einmal zwischen 200 und 300. Über genaue Zahlen will man bei Sauber nicht sprechen – und reden mochte bisher auch jener Mann nicht, der den Umbau verantwortet: Geschäftsführer Andreas Seidl.

Ein weiterer Name ist diese Woche im Handelsregistereintrag der Sauber Motorsport AG aufgetaucht: jener von Audi-Manager Oliver Hoffmann. Er wurde offenbar vom neuen Audi-CEO Gernot Döllner nach Hinwil versetzt. Was für eine Funktion er konkret bekleiden wird und was das für Seidl bedeutet, bleibt offen.

Aber es zeigt: Den Deutschen ist es ernst mit dem Einstieg beim Schweizer Rennstall. Nach Döllners Ernennung zum Audi-Chef waren Gerüchte laut geworden, das Engagement des Herstellers stehe auf dem Prüfstand. Döllner selber bekräftigte im Dezember aber, der Plan stehe. Und diese Woche berichtete Bloomberg, dass Audi neuerdings plane, die Sauber Group nicht mehr nur zu 70 Prozent, sondern zu 100 Prozent zu übernehmen. Man geht davon aus, dass rund 50 Prozent bereits die Hand gewechselt haben.