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«Schlussstrich unter Konflikt»Der Grosse Rat sagt klar Ja zum Moutier-Konkordat

Der Grosse Rat während der Abstimmung zum Moutier-Konkordat am Mittwochnachmittag.

Der bernische Grosse Rat sagt klar Ja zum Konkordat, das die Modalitäten des Kantonswechsels von Moutier regelt. Mit 112 zu 19 Stimmen bei 26 Enthaltungen hiess er am Mittwoch das Vertragswerk gut. Das letzte Wort hat im September das Volk.

Mehrere Rednerinnen und Redner würdigten im Berner Rathaus den «historischen Moment». Nach 211 Jahren beim Kanton Bern werde Moutier zum 1. Januar 2026 wie gewünscht zum Jura wechseln können.

Das möge für Bern schmerzhaft sein, doch könne so ein Schlussstrich unter einen jahrhundertealten Konflikt gezogen werden. In der Region seien allerdings noch längst nicht alle Wunden verheilt.

Der Kanton Bern sei ohne Moutier weniger vielfältig und weniger frankophon, stellte der Grüne Christoph Grupp fest. Doch die Stimmberechtigten von Moutier hätten sich 2021 für den Wechsel entschieden – und «unsere Aufgabe ist es, den Übertritt so reibungslos wie möglich zu gestalten».

Das Konkordat sei ein typisch schweizerischer Kompromiss, befand SP-Sprecher Ulrich Egger. Darauf könne man stolz sein.

Konflikt endlich beilegen

Eine Ablehnung des Konkordats brächte ohnehin nichts, sagte Tom Gerber (EVP). Das würde bloss zu Neuverhandlungen über das Vertragswerk führen, ohne dass sich etwas an Moutiers Absichten ändern würde. Wenn man den Prozess jetzt zu einem Abschluss bringe, sei die Jurafrage endlich erledigt.

Ob dem wirklich so sei, werde sich erst noch weisen müssen, sagte Simon Buri (GLP). Zu hoffen sei, dass die künftigen Generationen respektvoll miteinander umgingen.

Waren am Mittwochnachmittag im Rathaus anwesend: Maxime Zuber, Alt-Grossrat und Alt-Stadtpräsident von Moutier (oben links) sowie Pierre-Yves Grivel, Alt-Grossrat und Vizepräsident der Bieler FDP.

Eine der Nein-Stimmen kam von der Bernjurassierin Virginie Heyer (FDP). Es könne nicht sein, dass ein Kanton einfach seine Grenzen öffne und einer Gemeinde den Weggang ermögliche. «Eine Regierung muss ihr Gebiet verteidigen.» Auch mache sie sich keine Illusionen, dass der Jurakonflikt mit dem Konkordat wirklich beigelegt werde.

«Schlecht verhandelt»

In der Debatte gab es auch Stimmen, wonach der Kanton Bern schlecht verhandelt habe. Zudem habe der Kanton Jura Versprechen etwa zu neuen Arbeitsplätzen in Moutier abgegeben, die er womöglich aus Finanzgründen nicht einlösen werde.

Die französischsprachige Deputation im Grossen Rat befürwortete das Konkordat aber ebenfalls – mit 9 zu 4 Stimmen bei 2 Enthaltungen. Dagegen war die SVP des Kantons Jura.

«Keine Gewinner und Verlierer»

Regierungsrat Pierre Alain Schnegg (SVP) warb eindringlich für ein Ja zum Konkordat. Die Schweiz sei das Land der Kompromisse, und das Verhandlungsresultat sei ein ausgewogenes Paket. Es gebe keine Gewinner und keine Verlierer. «Jede Partei musste Konzessionen machen.»

Im übrigen könne man niemandem davon abhalten, zu träumen oder gewisse politische Ziele zu verfolgen. Aber eines sei klar: Mit dem Konkordat sei die Jurafrage auf institutioneller Ebene beigelegt. Es könne danach nicht noch einmal abgestimmt werden.

Auch jurassisches Parlament bewilligt Konkordat deutlich

Im jurassischen Parlament sprachen alle Fraktionen von einem «historischen und feierlichen Moment». Das von den beiden Regierungen ausgehandelte Konkordat sei umfassend und ausgewogen. Es ermögliche Moutier einen würdigen Empfang. Auch für den Kanton sei das eine grosse Chance, sagte Staatsrätin Nathalie Barthoulot (SP).

Ganz ungetrübt war die Freude allerdings nicht. So wurde darauf hingewiesen, dass der Fall von Moutiers Nachbargemeinde Belprahon BE noch nicht geregelt sei. Das Dorf hatte den Wechsel zum Jura mit nur sieben Stimmen Differenz abgelehnt.

Der Aufruf des SVP-Parlamentariers Yves Gigon, das Konkordat abzulehnen, blieb ungehört. «Es ist eine finanzielle Katastrophe, die sich ankündigt», warnte Gigon. Ein Kanton, der sich auf der Intensivstation befinde, nehme eine Gemeinde aus der Palliativabteilung auf.

Freude bei Moutiers Stadtpräsident Winistoerfer

Moutiers Stadtpräsident Marcel Winistoerfer hat sich am Mittwoch über die klaren Voten in den Kantonsparlamenten in Bern und Delsberg gefreut. Das sei ein «grossartiges Ergebnis», sagte er auf Anfrage.

Damit gebe es keinerlei Zweifel mehr über den weiteren Verlauf des Prozesses zum Kantonswechsel, sagte der projurassische Politiker. Die Volksabstimmung im September in beiden Kantonen sehe «mehr als gut» aus.

Hochzufrieden: Der Stadtpräsident von Moutier, Marcel Winistoerfer. (Archivbild)

Die klaren Voten verliehen auch all jenen Legitimität, die bereits am Wechsel von Moutier zum Jura arbeiteten. Diese Arbeit sei «gigantisch», betonte Winistoerfer.

Vieles sei zu regeln, vom Bildungswesen über Polizei und Feuerwehr bis hin zum Sozialwesen. «Wir sind im Zeitplan, aber es gibt bis 2025 noch viel zu tun», sagte Winistoerfer.

Umfassende Regelung

Das Dokument, das die Berner und die jurassische Regierung im vergangenen November unterzeichneten, umfasst 36 Artikel. Es soll das Ende aller territorialen Streitigkeiten zwischen den beiden Kantonen besiegeln und damit den Jurakonflikt auf institutioneller Ebene beilegen.

Das interkantonale Konkordat regelt die wichtigsten Punkte rund um den Wechsel der heute noch bernischen Gemeinde Moutier mit ihren rund 7200 Einwohnerinnen und Einwohnern. Dabei geht es namentlich um die Kontinuität in Verwaltung, Schule, Justiz, Spitalwesen und bei den Steuern.

Geregelt wird auch die Aufteilung der Güter. Unter dem Strich soll der Jura 7,7 Millionen Franken an den Kanton Bern zahlen. Die endgültigen Zahlen stehen allerdings noch nicht fest.

Die Stimmbevölkerung von Moutier hatte sich am 28. März 2021 für den Wechsel zum Kanton Jura ausgesprochen. Nie zuvor ist eine Schweizer Gemeinde dieser Grösse in einen neuen Kanton umgezogen. Bevor der Wechsel vollzogen werden kann, braucht es neben der Zustimmung beider Kantone noch das Ja-Wort der eidgenössischen Räte.

SDA/chh