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Auf der Jagd nach einem MythosAusgerechnet Ferrari: Was hat Hamilton da nur geritten?

Will die Korken bald selbst im roten Overall knallen lassen: Noch-Mercedes-Pilot Lewis Hamilton wird beim GP von Mexiko 2023 von Charles Leclerc begossen – seinem Teamkollegen ab 2025.

Bei Ferrari hört die Vernunft auf. Geht es um den Rennstall aus Maranello, färben sich die Brillengläser rot, übertölpeln Emotionen und Träume den Verstand. Davor ist auch Lewis Hamilton nicht gefeit.

Der Brite hat sich entschieden, im Herbst seiner Karriere ein neues Wagnis einzugehen. Eine letzte Saison fährt er noch bei Mercedes, dem Team, mit dem er so wundervolle elf Jahre erlebt hat mit Phasen der totalen Dominanz, dann geht er. Mit 39. Zu Ferrari. Trotz erst kürzlich unterschriebenem Zweijahresvertrag. 

Es ist ein veritabler Coup, den die Italiener noch vor dem Auftakt in Bahrain Anfang März verkünden konnten. Doch so mancher in der Welt des Motorsports fragt sich: Warum tut sich Hamilton das an? 

Zum einen suchen Sportler gegen Karriereende gerne den Reiz des Neuen. Zum anderen dürfte Hamiltons Gehalt mindestens so fürstlich ausfallen wie bei seinem Noch-Arbeitgeber. Auch sind die sportlichen Aussichten ähnlich.

Ferrari ist der prestigeträchtigste Rennstall der Formel 1, sagenumwoben, ein Schwergewicht. Von Ferrari träumen die kleinen Kinder in ihren Karts, Ferrari ist mindestens so sehr Formel 1, wie die Formel 1 Ferrari ist. Gewinnen die roten Rennwagen, liegt sich eine Nation in den Armen, verlieren sie, hüllt sich ganz Italien in Trauerflor. Jetzt ist auch Hamilton dem Ruf aus Maranello erlegen wie einst die Seefahrer den betörenden Gesängen der Sirenen. Und wie so viele vor ihm. Es könnte sich als Fehlentscheid erweisen.

Alonso? Vettel? Räikkönen? Alle gescheitert

Wer an Ferrari denkt, denkt auch an die goldene Ära Anfang der 2000er-Jahre, als Fahrer Michael Schumacher, Teamchef Jean Todt und Ross Brawn als Technischer Direktor ein kongeniales Trio bildeten und die Scuderia zurück zu altem Glanz führten mit sechs Konstrukteurs- und fünf Fahrertiteln in Folge. Ein ähnliches Kunststück zu schaffen, das ist immer auch die Triebfeder, die gestandene Piloten zu den Italienern treibt. Geschafft hat es keiner. 

Fernando Alonso, dieser brillante Lenker mit dem Killerinstinkt, hat es in seinen fünf Jahren bei Ferrari nicht hingekriegt. Kimi Räikkönen, ab 2014 als Rückkehrer für fünf Saisons im Cockpit von F14 T bis SF71H, blieb erfolglos. Sebastian Vettel, aufgewachsen mit den vielen Triumphfahrten seines Landsmannes Schumacher, der erst Idol und später Freund war, wollte die deutsche Erfolgsgeschichte nachzeichnen – und scheiterte sechs Jahre in Folge.

Und bald nimmt mit Charles Leclerc ein Fahrer auch schon zum sechsten Mal Anlauf, der so wunderbare Fertigkeiten hat am Lenkrad, den Instinkt, das nötige Gespür, kurz: alles für einen Champion. Geworden ist das der Monegasse bislang ebenso wenig wie seine Vorgänger. Der Fahrertitel von Kimi Räikkönen 2007, der Konstrukteurstitel 2008, sie sind die letzten glorreichen Überbleibsel der jüngeren Vergangenheit. 

Oft ist Ferrari an den Gegnern gescheitert. Noch viel öfter an sich selbst. Unruhe, Intrigen, Absetzungen, haarsträubende Strategiefehler, öffentliche Selbstzerfleischung, in den letzten Jahrzehnten gab es so einiges an Aufregung bei der stolzen Scuderia. Und in dieses Umfeld also begibt sich Hamilton jetzt? Nicht ganz.

Die Gemüter sind deutlich abgekühlt, seit Benedetto Vigna die Geschicke der Edelmarke leitet und Frédéric Vasseur von Sauber als Teamchef gekommen ist. Doch sportlich bezahlte sich das noch nicht aus, 2023 gab es gar nur Rang 3 hinter Red Bull und Mercedes – wenn auch mit einem Mini-Abstand zu Hamiltons Noch-Arbeitgeber. 

Alles neu – und dann auch noch dieser Teamkollege

Dass sich das in den nächsten Jahren grundlegend ändert, ist zumindest fraglich, zu dominant ist Red Bull mit Max Verstappen. Warum soll ausgerechnet Hamilton gelingen, woran so viele grosse Piloten vor ihm scheiterten? Zumal er sich erst an ein neues Umfeld gewöhnen muss, an ein Auto, das ganz anders konzipiert ist als sein jetziges – und mit Leclerc auch noch an einen Teamkollegen, der sich sicher nicht leicht verdrängen lässt von der Position als Nummer 1. 

Doch vielleicht werden die Kritiker ja auch alle Lügen gestraft, ist es ein sagenhaft gerissener Plan, den Hamilton verfolgt. 2025 kann er sich ein Jahr lang warm fahren bei Ferrari, ehe der riesige Umbruch kommt mit den neuen Motoren, die deutlich mehr Elektroanteil haben und nur noch mit synthetischem Kraftstoff angetrieben werden. Hat er Ähnliches nicht schon einmal erlebt? 

Als er 2013 von McLaren zu Mercedes wechselte, wurde das von einigen belächelt, war das Team aus Brackley doch noch im Aufbau begriffen. Ein Jahr später kam die grosse Umstellung auf Hybridmotoren – und Mercedes wurde zum Krösus der Königsklasse.

Und ja, es gibt ja noch einen Gedanken, der Hamilton vielleicht umtreibt: Wäre es nicht eine gänzlich verrückte Geschichte, würde er ausgerechnet im Ferrari seinen achten WM-Titel holen, womit er sich zum alleinigen Rekordhalter machen würde? Und ihn auf Rang 2 verdrängen würde: Michael Schumacher. 

Träumen darf ja erlaubt sein. Erst recht, wenn es um den Rennstall aus Maranello geht.