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Nörgler aufgepasst!Darum verdient Gut-Behrami die Ski-Krone zu 100 Prozent

Die Königin von Kronplatz und wohl auch bald des Skisports: Lara Gut-Behrami steht vor dem Gewinn des Gesamtweltcups.

Lara Gut-Behrami ist in Hochform. Sie reiht Sieg an Sieg, hamstert Punkte en masse, stellt die Konkurrenz in den Schatten. Achtmal hat sie schon gewonnen in dieser Saison. Sie kann die Wertung in Riesenslalom, Super-G und Abfahrt gewinnen. Und erst noch Gesamtweltcupsiegerin werden. Es ist ganz einfach ein Traumwinter für die Tessinerin.

Und doch tummeln sich viele Nörgler in Onlineforen, in Kommentarspalten, am Stammtisch. Gut-Behrami? Hat den Sieg im Gesamtweltcup doch gar nicht verdient. Andere wären ja eigentlich noch viel besser als sie. Nur sind sie eben gerade nicht da.

Petra Vlhova, fleissige Punktesammlerin in Slalom und Riesenslalom, Gewinnerin der grossen Kugel 2021? Fehlt verletzt. Speed-Queen Sofia Goggia? Fehlt verletzt. Mikaela Shiffrin, Lichtgestalt dieses Sports und schon fünffache Gesamtsiegerin? Fehlt verletzt. Mittlerweile führt Gut-Behrami in der Gesamtwertung mit 326 Punkten Vorsprung auf Brignone und 385 auf Shiffrin. Als die Amerikanerin in Cortina d’Ampezzo in die Netze flog, lag sie noch gewaltige 420 Punkte vor Gut-Behrami. Doch deshalb zu behaupten, die Tessinerin würde den zweiten Gewinn der grossen Kristallkugel nach 2015/16 nicht verdienen, ist Blödsinn.

Sie kann nichts dafür, dass derzeit so viele gute Skifahrerinnen ausfallen. Aber: Sie kann ganz viel dafür, dass sie selbst nicht verletzt ist, dass sie mit 32 so fit ist wie wohl noch nie in ihrer Karriere. Verletzungen haben selten nur mit Pech zu tun, es geht auch um Skitechnik, um Fitness, um Selbstvertrauen, vor allem aber um Rennintelligenz, um Köpfchen, darum, im richtigen Moment einen Bremser einzubauen, ein Tor auch einmal anzudriften, oder wie es die einstige Super-G-Weltmeisterin Nicole Schmidhofer sagt: «Es sollte zwingend mit mehr Hirn gefahren werden!»

In Cortina zeigte sich der Unterschied

Die Rennen in Cortina waren Grund für die Aussage der Österreicherin. Es war das Wochenende der Stürze, der Ausrutscher, der harten Landungen, der Kreuzbandrisse und Schuhrandprellungen. Viele Fahrerinnen strauchelten, darunter auch Shiffrin, sonst bekannt für besonders schlaues Fahren und Planen.

Gut-Behrami dagegen bewies genau da, weshalb ein Triumph im Gesamtweltcup keinesfalls gestohlen wäre. Sie wurde Zweite und Fünfte in den Abfahrten – gewann den Super-G mit einer Traumfahrt. Zwei Tage nach diesem Mammutprogramm war sie auch noch im Riesenslalom von Kronplatz die Schnellste. Gut-Behrami bewegt sich nicht nur körperlich, sondern auch mental auf einem eigenen Level.

Während sich viele Athletinnen beeinflussen liessen, teils gar weinten und völlig verunsichert wirkten ob der vielen Stürze, konnte sie das alles ausblenden. Gut-Behramis Vertrauen in sich ist riesig, sie steht dermassen sicher auf den Ski, fährt wie auf Schienen und mit einem Instinkt, der ihr schon immer eigen war. Auch deshalb war sie seit Jahren nicht mehr verletzt.

In Cortina sagte sie, die Fahrerinnen seien nur noch auf Perfektion aus, hätten nach vielen Analysen und den vielen Informationen, die sie via Funk erhielten, einen exakten Plan, wie sie bei welcher Passage fahren müssten. «Und wenn dann etwas Unvorhergesehenes passiert, können sie nicht reagieren.» Kurz: Es geht vergessen, dass Skifahren vor allem auch Gefühlssache ist.

Eine der wenigen Gefühlsfahrerinnen

Die Besten dieser Welt haben das immer bewiesen und beweisen es noch heute: Beat Feuz, Mikaela Shiffrin oder Marco Odermatt sind drei der jüngsten Beispiele. Sie finden meist auch dann Lösungen, wenn ein Plan nicht aufgeht, lassen ihre Ski auch ausserhalb der Ideallinie laufen. In Cortina hat der Instinkt Shiffrin für einmal verlassen. Gut-Behrami eben nicht. Das ist ihr Verdienst.

Auch sie gehört zu diesen aussergewöhnlichen Gefühlsfahrern und -fahrerinnen, das war schon bei ihrer allerersten Weltcupabfahrt zu sehen, 2008 in St. Moritz, mit 16. Wäre sie nicht kurz vor dem Ziel gestürzt, hätte sie diese wohl gewonnen, statt Dritte zu werden. Es scheint, als habe sie 16 Jahre später zumindest eine ähnliche Art von Leichtigkeit wiedergefunden.

Und doch gibt es diese Diskussion. Und sie ist nicht einmal neu. Als sie 2016 zum ersten Mal die grosse Kugel gewann, gab es ebenfalls Stänkerer. Damals verhinderte eine Verletzung von Lindsey Vonn einen spannenden Zweikampf mit der Schweizerin. Nur hatte die Amerikanerin schon immer den Hang zu Höchstrisiko-Fahrten. Eine solche wurde ihr damals zum Verhängnis.

Für den Sieg im Gesamtweltcup braucht es eben nicht nur dicke Oberschenkel, sondern vor allem auch Köpfchen. Und genau deshalb verdient Gut-Behrami die wichtigste Auszeichnung des Skisports.