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Fit durch die KälteWie Sie sich trotz tiefen Temperaturen warm halten

Kalte Temperaturen heissen nicht, dass man aufs Training draussen verzichten muss. Es gibt aber einiges zu beachten.

Der Trainingsplan: Lang und langsam

Für Johannes Scherr steht fest: «Sommersportlerinnen und -sportler werden im Winter gemacht.» Damit meint der Leiter des Zentrums für Prävention und Sportmedizin an der Universitätsklinik Balgrist, dass die Velofahrer oder Läuferinnen in der kalten Jahreszeit das Fundament einer guten Saison legen. Der Winter eigne sich nämlich gar nicht für hochintensive Trainings – auch wenn Herr und Frau Schweizer gerade während der Festtage dafür genug Kalorien zu sich nehmen.

«Die kalte und trockene Luft reizt die Lungen und die Luftwege stark», sagt der Sportmediziner. Das spürten beispielsweise Menschen, die unter Asthma bronchiale leiden, sofort. Andere wiederum könnten unter diesen Umständen Atembeschwerden entwickeln. Bei intensiven Intervalltrainings setze die Kälte zudem den Sporttreibenden zu, weil sie dann durch den Mund atmen – und nicht mehr durch die Nase, die als Filter und Befeuchter fungiert. Die kalte Luft gelangt also direkt in die Bronchien.

Aus diesen Gründen empfiehlt Scherr in der Kälte ruhige und längere Einheiten. «Wenn es richtig eisig wird, ist es eine gute Idee, die Muskeln bereits zu Hause in Schwung zu bringen und aufzuwärmen.» Schliesslich ist es mit dem Körper wie bei einem Auto: Je kälter die Aussentemperatur, desto länger braucht der Motor, um auf die optimale Betriebstemperatur zu kommen. Die Muskulatur ist durch die tiefen Temperaturen steifer und dadurch verletzungsanfälliger.

Das Kälteempfinden: Geschlechtliche Unterschiede

Das Verhältnis des Körpervolumens zu seiner Oberfläche ist bei Frauen und Männern unterschiedlich. «Aufgrund seiner Form bietet der weibliche Körper der Kälte eine grössere Angriffsfläche», sagt Scherr. Allerdings sei der Fettanteil bei Frauen evolutionsbedingt rund 8 Prozent höher als bei Männern. «Die Sammlerin hatte einen kleineren Bewegungsradius und bewegte sich weniger.» Deshalb ist ihre «Isolationsschicht» dicker und schützt sie besser vor eisigen Temperaturen.

«Währenddessen musste der Jäger viel in Bewegung sein, und darum verfügt der Mann nach der Pubertät über rund 40 Prozent mehr Muskelmasse im Vergleich zu Frauen», sagt Scherr. Das wiederum bietet ihm in der Kälte einen Vorteil, «denn jeder Muskel, der sich bewegt, generiert Wärme». Auch die Verteilung des Körperfetts scheint bei Männern vorteilhafter zu sein: Bei Frauen findet sich das Fett vor allem an Gesäss, Oberschenkeln, Hüften und Brust, wohingegen bei Männern sich das Fett eher an Bauch und Oberkörper befindet und somit die lebenswichtigen Organe im Körperzentrum besser schützt. Hierdurch wird es für sie auch leichter, die Körpertemperatur höher zu halten.

So viel zum Grundsatz. Nun unterscheiden sich aber auch die Körper von gleichgeschlechtlichen Personen: Sehr fitte Menschen verfügen über mehr Muskeln und weniger Fett – sie generieren mehr Wärme, sind jedoch weniger gegen Kälte geschützt. Umgekehrt produzieren Untrainierte weniger Wärme, sind dafür durch einen höheren Fettanteil besser geschützt.

Individuell ist aber auch die Reaktion des Körpers auf kalte Temperaturen. Er verschliesst grundsätzlich die kleinen Blutgefässe in seiner Peripherie – etwa Hände oder Füsse. «So versucht der Organismus, das warme Blut im Körperstamm zu halten», sagt der Mediziner. Allerdings ist es unterschiedlich, wie schnell ein Körper diesen Prozess in Gang setzt.

Kälteresistenz: Lässt sich trainieren

Wer gedenkt, den Winter über draussen zu trainieren, erleichtert sich die Aufgabe, wenn er seinen Organismus langsam auf die sinkenden Temperaturen vorbereitet. Im Fachjargon nennt man dies Akklimatisation. Steigt ein Schwimmer also bereits seit dem Spätsommer jede Woche zweimal in den nächstgelegenen See, gewöhnt er sich an die nach und nach sinkenden Wassertemperaturen. Fasst er den Entschluss aber erst als Neujahrsvorsatz, werden die ersten Bäder eine Herausforderung.

Warme Getränke: Sind nur kleine Energiespeicher

Das wärmende Getränk vor, während oder nach dem Training ist grundsätzlich eine gute Idee: Eine heisse Bouillon oder ein warmer Tee führen dem Körper Energie zu, die er in Wärme umwandeln oder als Wärmespeicher verwenden kann. Feststoffe sind allerdings bessere Energiespeicher als Flüssigkeiten. Deswegen macht es beispielsweise Sinn, einen Energieriegel aufzuwärmen oder sich statt einer Suppe eine Schüssel Porridge zu gönnen.

So viel zur Physik, doch Vorsicht beim Glühwein: «Zwar führt er dem Körper Energie zu, allerdings weitet der Alkohol gleichzeitig die peripheren Blutgefässe – was dazu führt, dass Wärme verloren geht.»

Ein weiterer Vorteil von fester Nahrung bei tiefen Temperaturen ist: Die Stoffwechselprozesse, die bei der Verdauung in Gang gesetzt werden, produzieren Abwärme. Das gilt besonders, wenn es sich um Kohlenhydrate handelt.

Wärmesalben: Auf die Inhaltsstoffe achten

Beim Griff zu wärmenden Salben oder Pflastern, um auf die Kälte einen Vorsprung zu haben, rät Scherr zur Vorsicht. Er empfiehlt, deren Inhaltsstoffe genauer anzuschauen. «Hyperämisierende Salben enthalten vielfach Capsaicin. Dieses führt dazu, dass die Haut mehr durchblutet wird», sagt Scherr. Heisst: Die eingeschmierte Stelle wird rot und brennt. «Einen nachhaltigen Effekt haben sie aber nicht.» Es mache aber durchaus Sinn, dass sich die oberflächlichen Blutgefässe bei Kälte zusammenziehen und das Blut im Körperstamm halten. «Diesen Schutzmechanismus überlisten diese Salben und Pflaster.»

Je nach Inhaltsstoffen bringen Pflaster nur oberflächliche Wärme.

Anders verhält es sich mit Produkten, die beispielsweise Eisenoxid beinhalten. «Dieses reagiert mit der Feuchtigkeit des menschlichen Schweisses», sagt Scherr. Es entstehe tatsächliche Wärme, die sich auch auf die tieferliegenden Muskeln auswirken und somit entspannend wirken könne. Dies eignet sich jedoch weniger zum Sporttreiben als vielmehr zur Erholung oder Lockerung nach dem Sport.

So oder so: «All diese Mittel können ein richtiges Aufwärmen beispielsweise vor einem Sprint auf keinen Fall ersetzen», sagt der Sportmediziner.

Heizbare Socken und Handschuhe: Je enger, desto sinnvoller

Accessoires wie Handschuhe und Schuhe mit integrierter Heizung erachtet Scherr im Kampf gegen Väterchen Frost durchaus als sinnvoll, «besonders, wenn der Platz eng ist». Etwa in Skischuhen, wo sich die Füsse kaum bewegen und somit keine Wärme erzeugen können oder durch die enge Passform die Durchblutung auch noch reduziert ist.

Er warnt aber davor, es mit der Heizleistung zu übertreiben, sodass die Hände oder Füsse schwitzen. «Ist dann der Akku der Handschuhe oder Socken leer, wird es darin sehr ungemütlich und kalt.» Wer hingegen mit kleiner Leistung heize, kriege keine Schweissfüsse – und habe einen länger haltenden Akku.

Der Dresscode: Schichten und Luft

Winterzeit ist Zwiebelzeit, bei der Kleiderwahl ist nämlich das Zwiebelprinzip angesagt. Dabei fördern mehrere Schichten den Schweiss vom Körper weg, was ihn länger warm hält.

Die unterste Hülle der menschlichen Zwiebel, jene, die direkt auf der Haut liegt, besteht aus Thermo-Unterwäsche, die die Feuchtigkeit des Schweisses rasch von der Haut wegleiten soll, gefolgt von einer atmungsaktiven Isolationsschicht aus Kunstfasern oder Merinowolle, zuoberst dann eine wasser- und windabweisende Jacke.

Richtig eingepackt lässt sich die Winterlandschaft laufend geniessen.

Vorsicht: Auch wenn eng anliegende Kleider der Sportlerin im ersten Moment das Gefühl vermitteln, gut – also warm – eingepackt zu sein, helfen sie nicht gegen Väterchen Frost. Isolierende Funktion hat die Luft zwischen einzelnen Kleidungsstücken oder zwischen dem Stoff und der Haut. «Deshalb haben Lauftights für den Winter innen eine Fliesschicht – in diesem aufgerauten Material hat Luft Platz», sagt Scherr.

Geht es zum Training raus an die Frische, sollte sich der Sportler so kleiden, dass er leicht fröstelt, wenn er vor die Tür tritt. Das vergeht nach den ersten hundert Metern. Trägt er aber mehr, wird ihm zu heiss, sobald sein Kreislauf auf Touren gekommen ist. Dann ist das Zwiebelprinzip wieder wichtig, so dass schichtweise die Kleidung ausgezogen werden kann.