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Finanznot beim FC ThunJubel auf dem Platz – Sorgen daneben

Vasilije Janjicic (links) und Marc Gutbub feiern ein Tor im Spiel gegen Stade Nyonnais. Neben dem Platz dominieren derzeit aber die Sorgenfalten.

«Der FC Thun kann ein Stück Heimat bleiben.» Davon ist Präsident Andres Gerber überzeugt. Was er damit meint: Das sportliche Oberländer Aushängeschild soll auch in Zukunft einer der wenigen Fussballclubs sein, die nicht von Investoren geführt werden oder am Tropf eines Mäzens hängen.

Die Aussichten sind eigentlich rosig: Der FC Thun liegt in der Challenge League auf Platz 2, mit einem riesigen Vorsprung auf den Dritten – zumindest für die Barrage gegen den Zweitletzten der obersten Spielklasse sieht es sehr gut aus. Fängt Thun den FC Sion noch ab, lockt gar der direkte Aufstieg. Und damit der Griff in die Honigtöpfe der Super League.

Alles gut also? Leider nein. In diesen Wochen steht der Jahresabschluss an. Und die Nachfrage bei Andres Gerber ergibt, dass die finanzielle Lage einmal mehr prekär ist. Das wirft Fragen auf.

Wie viel Geld fehlt aktuell?

«Rund 800’000 Franken. Das ist das fehlende Eigenkapital», sagt Präsident Andres Gerber. Hinzu kommen diverse ausstehende Darlehen. Allerdings sind viele davon nicht 2024 fällig und/oder mit Rangrücktritten belegt. Was bedeutet, dass Gläubiger vorläufig auf die Erfüllung der Forderungen verzichten, um die Überschuldung des Unternehmens zu verhindern. «Niemand will uns den Todesstoss versetzen», betont Gerber.

FC-Thun-Präsident Andres Gerber.

Dass sich geschuldete Beträge von insgesamt rund 5 Millionen angesammelt haben, hat laut dem FC-Thun-Präsidenten vor allem zwei Ursachen: der Abstieg im Jahr 2020, als das Budget innert kürzester Zeit von 15 auf 9 Millionen gesenkt werden musste – «ein Ding der Unmöglichkeit» – und die Corona-Pandemie. «Das sind keine Ausreden, es sind Fakten», sagt Gerber.

Und er führt aus: Kritisch sind die fehlenden 800’000 Franken für die anstehende Lizenzeingabe. «Erhalten wir die Lizenz nicht auf Anhieb, kann das aufgrund der Signalwirkung kontraproduktiv sein.» Auch wenn grundsätzlich ein zweiter Anlauf möglich ist.

Dass der Club finanziell in der Bredouille steckt, ist ein Déjà-vu – entsprechende Nachrichten kommen alle paar Jahre wieder. Was erwidert der Präsident all jenen, die davon die Nase voll haben? «Ich verstehe sie. Darum will ich nicht jammern. Sondern einfach die Fakten aufzeigen. Es ist ein Dauerzustand, dass wir unter Druck sind.» Ambitioniert sein, ein gutes Team mit vielen eigenen Spielern und einem gewissen Transferpotenzial zusammenstellen, den Nachwuchs fördern – all das habe seinen Preis.

Was tat und tut der FC Thun gegen die Finanznot?

Andres Gerber spricht von vielfältigen Sparbemühungen und Optimierungsmassnahmen – «wir sind definitiv keine Wohlfühloase». So sei die erste Mannschaft heute günstiger als in den letzten Jahren. Eine wichtige Massnahme ist zudem eine Stiftung, die der FC Thun soeben gegründet hat.

Bald werden dort Private, Firmen und andere Stiftungen Geld einzahlen können – mit einer klaren Zweckbestimmung: für den Nachwuchs und das soziale Engagement. «Auf das soziale Engagement legen wir enorm viel Wert – es wäre aber wohl das Erste, was im Extremfall gestrichen werden müsste.»

Gerber ist überzeugt, dass für diese Bereiche auch viele ihr Portemonnaie öffnen, die der Kommerzialisierung im Fussball kritisch gegenüberstehen. Der FC Thun erhofft sich, mit der Stiftung schon im ersten Jahr 500’000 Franken zu generieren, später einiges mehr. Im Idealfall könnten 1,5 bis 2 Millionen für den Nachwuchs und das soziale Engagement komplett aus der Stiftung finanziert werden, was die übrige Rechnung «entscheidend entlasten würde».

«Wir wollen das strukturelle Defizit endlich beseitigen, das ist das oberste Ziel», sagt Andres Gerber. «Und wir lernen immer wieder dazu.» Er spüre, dass die Leute schweizweit gut fänden, dass der FC Thun anders ticke als viele Vereine. Klar ist, dass es ab der nächsten Saison einen neuen Platin-Partner gibt: Die Thuner Software-Unternehmen Timetool und Komit werden für drei Jahre auf den Trikots präsent sein.

Warum verkauft der FC Thun nicht einfach einen der begehrten Spieler?

Andres Gerber spricht von einer «Krux». Klar würde ein Verkauf Geld einbringen. Nur: Daniel Dos Santos – kürzlich zum besten Spieler der Challenge League gewählt – oder auch andere interessante Spieler jetzt zu verkaufen, «wäre aus sportlicher Sicht sehr schlecht». Zudem: Wenn man gezwungen sei, einen Spieler zu verkaufen, befinde man sich in einer ungünstigen Verhandlungsposition.

Daniel Dos Santos wurde jüngst zum besten Spieler der Challenge League gewählt. Hier bootet er im Spiel gegen den FC Stade Nyonnais Karim Sow aus.

Ein Verkauf eines Spielers sei zwar nicht ausgeschlossen, «aber wir möchten das nicht forcieren». Denn Gerber ist überzeugt: «Der Aufstieg wäre ein Befreiungsschlag. Er würde aus finanzieller Sicht enorm helfen.» Klar wären auch die Ausgaben deutlich höher – aber Gerber weist auf die TV-Gelder von 2 Millionen Franken hin, auf massiv steigende Zuschauereinnahmen, einen erhöhten Wert des Kaders, mehr Sponsorenbeiträge.

Und die Kaderplanung laufe selbstverständlich weiter – «sonst würden wir uns selber schaden».

Welche Lösungen mit Investoren könnte es geben – und was würde das bedeuten?

Aktuell ist die Beteiligung der Pacific Media Group (PMG) an der FC Thun AG bei 25 Prozent gedeckelt, sie besitzt heute 14 Prozent. Das chinesisch-amerikanische Unternehmen hätte laut Gerber Interesse daran, die Mehrheit zu übernehmen. Zudem liefen Gespräche für eine regionale Investorenlösung. Namen oder andere Details nennt Gerber nicht.

«Wir müssen logischerweise offen sein», sagt der FC-Thun-Präsident – und schränkt gleich selber ein: «Unser Ziel ist es, eigenständig zu bleiben – diese Strategie haben wir immer so kommuniziert. Alles andere ist deshalb Plan B, C oder D.» Die Eigenständigkeit bedeute, «dass wir selber entscheiden können, welche Strategie wir fahren, welche Werte uns wichtig sind».

Übernehme ein Investor 51 Prozent der Aktien, könne er die Ausrichtung jederzeit ändern und nach Gutdünken Leute auswechseln. Das müsse nicht zwingend negativ sein, berge Risiken und Chancen, sagt Gerber. «Ich hinterfrage mich auch immer wieder selber und würde bei Bedarf meinen Posten zur Verfügung stellen. Es geht um den FC Thun, nicht um mich.»

Doch wie realistisch ist es überhaupt, in der heutigen Fussballwelt eigenständig über die Runden kommen zu wollen? «In einer aus meiner Sicht idealen Welt schaffen wir das mit der Stiftung, Transfer-Erlösen, mehr Zuschauereinnahmen, Sponsoring», antwortet Andres Gerber.

Er fasst zusammen: «Alle unterstützen ein bisschen. Dann wären wir der Club des Volkes, das ist mein romantisches Szenario.» Abwegig ist es für Gerber nicht: «Wir sind nicht so weit davon entfernt. Es sind die Altlasten, die Schulden, die uns fast erdrücken.» Das skizzierte Szenario möge idealistisch sein, und in Zürich beispielsweise liesse es sich wohl kaum umsetzen. «Aber hier im Berner Oberland könnte es funktionieren.»

Und so hofft Gerber, dass rechtzeitig Lösungen gefunden werden, so laufen die Abklärungen und Gespräche auch für kurzfristige Unterstützung auf Hochtouren weiter. «Die Stimmung ist mit den sportlichen Erfolgen sehr gut, das ist die Basis von allem», sagt der Präsident. Der Worst Case – nämlich, dass der FC Thun die Bilanz deponieren muss –, «er darf nicht eintreffen».

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