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Schweizer Talent Delia DurrerSie soll die Lücke hinter Lara Gut-Behrami füllen

Auf dem beschwerlichen Weg nach oben: Das Schweizer Abfahrtstalent Delia Durrer will Grosses erreichen – zuletzt aber erlitt sie den einen oder anderen Dämpfer.

Steht im Teamhotel der Schweizerinnen ein Klavier, bleibt es selten still in der Unterkunft. Delia Durrer greift dann in die Tasten, meistens animiert von den Kolleginnen. Von Beruf ist die Nidwaldnerin Skifahrerin, doch auch am Piano ist sie talentiert, «sie schafft es, uns mit ihren Stücken zu verzaubern», sagt Michelle Gisin.

Durrer spielt zwar vorwiegend für sich, es kann aber vorkommen, dass sie zum Privatkonzert einlädt. Geschehen einst vor dem Rückflug von den Junioren-Weltmeisterschaften in Calgary, als in der Abflughalle ein Flügel stand. Erst hörte nur die Schweizer Delegation zu, doch bald lauschten fast sämtliche Athletinnen und Athleten aus anderen Nationen, die sich ebenfalls auf dem Heimweg befanden.

Überzeugt auch am Klavier: Delia Durrer.

Lange Zeit nahm Durrer Klavierunterricht, die Lehrerin hatte sie gern intensiver gefördert. Meistens spielt sie klassische, gefühlvolle Lieder, «so kann ich Emotionen verarbeiten, die ich sonst nicht rauslassen könnte», sagt die 21-Jährige. Es hilft – gerade wenn es nicht läuft.

Die Unfälle machten etwas mit ihr

In den letzten sechs Rennen verpasste Durrer jeweils die Top 20, die Ränge 28 und 29 sowie ein Ausfall war die magere Bilanz daheim in Crans-Montana. Es ist kein Desaster für die junge Athletin, zumal sie nach wie vor die Chance hat, sich in Abfahrt und Super-G für den Weltcupfinal der besten 25 zu qualifizieren.

Und doch hat manch einer etwas mehr erwartet von Durrer, gerade von ihr, dem vermeintlich grössten Schweizer Talent im Speedbereich. Gisin, Lara Gut-Behrami, Corinne Suter, Jasmine Flury, Joana Hählen – ihre Teamkolleginnen, die das letzte Jahrzehnt aus helvetischer Sicht geprägt haben – sind knapp 30 respektive älter. Und sind auf die Zielgerade ihrer Karriere abgebogen. 

Nachgekommen ist wenig bei Swiss-Ski. Und so werden grosse Hoffnungen gesetzt in Durrer, ihr werden die Fähigkeiten attestiert, dereinst die Lücke zu schliessen, die sich zwangsläufig öffnen wird. Etwas Druck sei spürbar deswegen, sagt die sechsfache Schweizer Meisterin, «aber es ist auch eine Art der Anerkennung, wenn einem viel zugetraut wird». Und Durrer verfolgt schliesslich auch die ganz grossen Ziele: Olympiasiegerin will sie werden, so steht es unmissverständlich auf ihrer Website.

Hat Grosses vor: Delia Durrers Ziel ist es, einmal Olympiasiegerin zu werden.

Vorerst soll es in kleinen Schritten vorwärtsgehen, und ohne Rückschläge geht es kaum auf dem Weg nach oben. Durrers Saison ist ordentlich verlaufen, sie hat regelmässig gepunktet, ist im Weltcup angekommen. Besser als 15. aber ist sie nie gewesen.

Wobei es Gründe dafür gibt. Im Dezember flog sie im Super-G von Val-d’Isère spektakulär ab, sie verpasste keine Rennen, spürte aber eine Zeit lang Schmerzen im Knie, «in mentaler Hinsicht war das nicht so leicht zu verarbeiten». Noch schwieriger wurde es nach der turbulenten Woche Ende Januar in Cortina, als sich Suter und Hählen, aber auch andere Fahrerinnen gravierend verletzten. Etwas viel aufs Mal sei das gewesen, sagt Durrer, «die Stürze haben in meinem Unterbewusstsein etwas bewirkt. Was passiert war, beschäftigte mich – ich habe das Ganze zu nahe an mich herangelassen.»

Der Verband gibt Fehler zu

Längst ist Durrer auf dem Radar der Konkurrenz angekommen; die Österreicherin Cornelia Hütter lobte sie schon öffentlich, auch die Italienerin Federica Brignone äusserte sich positiv über sie. Walter Reusser, CEO Sport bei Swiss-Ski, sagt, Durrer habe reichlich Potenzial, sie solle behutsam aufgebaut werden.

Das war nicht immer der Fall in den vergangenen Jahren, die eine oder andere Schweizerin wurde früh in den Weltcup geschickt, weil Startplätze frei waren – es war nicht in jedem Fall eine gute Entscheidung. Reusser gibt Fehler zu, «von den Jahrgängen 1996 bis 1999 kam keine Fahrerin ohne gröbere Verletzung durch». Erwähnt seien etwa Aline Danioth, Camille Rast und Mélanie Meillard.

Alpinchef Hans Flatscher sagt, hinter der ersten Garde seien die Schweizerinnen etwas dünn besetzt, «wir sind nicht zufrieden mit der Situation». Auch er traut Durrer einiges zu, stellt aber auch klar, dass die technische Entwicklung ins Stocken geraten ist. «Da haben die Fortschritte in diesem Winter etwas gefehlt.»

Wichtig sei, dass Durrer gesund bleibe, sagt Flatscher, was keine Selbstverständlichkeit ist in dieser Saison, mit Hiobsbotschaften im Wochenrhythmus. Die Innerschweizerin hat gelernt, dass sich nichts erzwingen lässt, sich die Karriere nicht zum jetzigen Zeitpunkt entscheidet, weniger auch mal mehr ist. Geduld und Ruhe seien entscheidend, hält sie fest, das passt an und für sich so gar nicht zu ihrer Geschichte.

Ein anstrengendes Kind sei sie gewesen, sagt Durrer, «mein Bewegungsdrang war sehr ausgeprägt». Ballett, Tennis, Mountainbike, Geräteturnen, alles probierte sie aus. Erst mit dem Intensivieren des Skitrainings fand sie ein Ventil, um genügend Energie abzulassen. Womöglich hat sie das Temperament von der Mutter geerbt, einer gebürtigen Italienerin.

Durrer ist eine Athletin, die sich viele Tipps holt von den arrivierten Teamkolleginnen, «sie ist sehr reif für ihr Alter», sagt Alpinchef Flatscher, «und doch ist sie unbeschwert und furchtlos geblieben». Womit der Bogen zum Klavierspielen gespannt wäre: Mutig war Durrer schon als Mädchen, als sie sich getraute, in einem Werbespot für ein Stanser Unternehmen am Klavier aufzutreten.