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Kommentar zu EconomiesuisseDer Wirtschaftsverband muss jetzt zeigen, dass er das Volk versteht

Verband ohne Volk: Economiesuisse-Präsident Christoph Mäder hat eine empfindliche Abstimmungsniederlage erlitten.

Economiesuisse hat auf der ganzen Linie verloren. Das Volk hat ein höheres Rentenalter abgeschmettert und die 13. Rente deutlich angenommen. Und das trotz der Millionen, die der Verband in eine Gegenkampagne investiert hat. Prompt folgt – wieder einmal – das grosse Lamento. Die Economiesuisse-Spitzen zeigten zu wenig Präsenz in Bundesbern, heisst es. Der Verband würde zu wenig einfallsreiche Kampagnen machen. Und unter den Unternehmenschefs gebe es zu wenig positive Identifikationsfiguren, denen das Volk folge.

Das mag alles stimmen. Aber abgesehen davon mangelt es beim Verband an etwas Grundsätzlichem: an einer Strategie, um die angeknackste politische Beziehung zu den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern zu kitten.

Wer Economiesuisse googelt, liest als Erstes den Claim: «Wirtschaft. Wir alle.»

Dieses Motto kauft man dem Verband nicht ab. Er gilt als Interessenclub für Unternehmen und Topmanager und wird bei sozialen Themen primär als Neinsager wahrgenommen, der den Menschen nichts gönnen will.

Volk misstraut Verband bei sozialen Fragen

Dieses negative Image hat er sich selbst eingehandelt. Denn er hat über die Jahre tatsächlich sehr oft Nein gesagt. Nein zu Geschlechterquoten, Nein zu höheren Mindestlöhnen und zuletzt eben Nein zu höheren AHV-Renten.

Sicher: Ab und zu sagt Economiesuisse auch Ja. Der Verband ist grundsätzlich zur Finanzierung von Krippenplätzen bereit. Und beim Vaterschaftsurlaub hat er immerhin die Stimmfreigabe beschlossen. Aber das ist am Ende doch alles recht subtil. Es ändert nichts am Grundproblem, dass das Volk «der Wirtschaft» und ihren Exponenten in wichtigen gesellschaftlichen Fragen nicht vertraut.

Man redet in letzter Zeit oft über die Generation Z. Es heisst, die Jungen seien nicht bereit, für ihren Job alles aufzuopfern. Das mag zutreffen. Aber es betrifft bei weitem nicht nur die Jungen. Leute jeden Alters wünschen sich heutzutage eine gesunde Work-Life-Balance. Sie wollen effizient und produktiv arbeiten in einem Umfeld, in dem man sozial gut abgesichert ist.

Hier in der Schweiz begreift man das oft als Gegensatz. Man glaubt, dass soziale Wohlfahrt automatisch zulasten der Wettbewerbsfähigkeit geht. Doch das ist falsch. Eine Volkswirtschaft kann sehr dynamisch sein, auch wenn darin viel Einkommen umverteilt wird. Gerade die nordischen Länder zeigen das.

Nächste Chance: Prämieninitiative der SP

Politikexperten raten den Wirtschaftsverbänden, die Sorgen der Bevölkerung ernst zu nehmen. Bald gibt es Gelegenheit, genau dies zu tun. Im Juni kommt die Prämien-Entlastungs-Initiative der SP zur Abstimmung.

Die Initiative adressiert das aktuelle Sorgenthema Nummer eins: die Krankenkassenprämien. Sie will diese auf zehn Prozent des verfügbaren Einkommens begrenzen. Dazu würden deutlich mehr Prämienverbilligungen ausgezahlt. Ausgaben über total 6,5 Milliarden Franken wären dazu nötig.

Logisch: Das ist viel Geld. Man wird wohl die Steuern erhöhen müssen. Doch die Schweiz ist ein reiches Land. Sie kann sich das leisten, wenn sie will.

Das weiss auch Economiesuisse. Und deshalb wäre der Verband gut beraten – entgegen den bisherigen Verlautbarungen –, ein Anliegen wie dieses zu unterstützen.

Wer weiss: Vielleicht zieht das Volk dann seinerseits auch mit, wenn es um Themen geht, die für die Unternehmen matchentscheidend sind. Etwa bei der Weiterentwicklung der bilateralen Verträge mit der Europäischen Union.